Die Zukunft der EU mitgestalten

(Foto von links nach rechts: Sandra Vieth, Benjamin Hagard, Joachim Ott)

Unter diesem Motto besuchten uns am Freitag, den 08.02.2019, mehrere Vertreter der Europäischen Kommission. „Ihre Meinung ist uns wichtig“, erklärte Joachim Ott, Leiter des Referats für Bürgerservice der Europäischen Kommission, zu Beginn des Gesprächs mit 38 Schülerinnen und Schülern der Bildungsgänge Industrie- und Bankkaufleute. Im Kern sollte es in der Veranstaltung um die Entwicklung der Europäischen Union und die damit verbundenen Ängste und Erwartungen der Schülerinnen und Schüler gehen.

Als weitere Gäste waren Benjamin Hagard (Stellvertretender Leiter des Referats für Bürgerservice) und Sandra Vieth (Praktikantin im Referat Bürgerservice) anwesend. Herr Ott betonte mehrfach, wie wichtig es ist, dass die Bürgerinnen und Bürger der EU und vor allem die jungen Menschen die Möglichkeit bekommen, ihre Kritik aber auch Erwartungen und Lob gegenüber der EU zu formulieren. Er erklärte, es sei seit 2014 in der EU-Kommission üblich, dass sich die EU-Kommissare und die Mitarbeiter seines Referates regelmäßig in einen Dialog mit den EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern begeben, um möglichst nah an deren Interessen zu sein. In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, dass er über diese Veranstaltung einen Bericht schreiben werde, der vom Präsidenten der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, gelesen werde. Dies sei also für die anwesenden Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit dem Kommissionspräsidenten direkt mitzuteilen, welche Vorstellungen und Erwartungen sie als junge Menschen, die bald ihre Ausbildung abschließen werden, an die EU haben.

Diese Chance ergriffen die Schülerinnen und Schüler sofort und fragten danach, was die EU gegen den derzeitigen Rechtsruck innerhalb der EU tun wolle. Die Antwort von Herrn Ott war zunächst ernüchternd: „Da kann die EU erstmal nichts machen!“ Denn die gewählten Parlamente sind durch die Wahlen in den jeweiligen Ländern legitimiert. Allerdings wird es zu einem Problem für die EU, wenn diese Staaten gegen das EU-Recht verstoßen. Und dann kann die EU sehr wohl tätig werden. So laufen derzeit z.B. Rechtsstaatsverfahren gegen Polen und Ungarn. Denn beide Länder haben gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoßen. Als mögliche Sanktion käme in Betracht, dass zukünftig bei solchen Staaten das Budgetierungsverfahren geändert wird und sie somit weniger Gelder erhalten würden. Denn dies werde seitens der EU derzeit als wirksamste Maßnahme angesehen, um solche Staaten an die Grundsätze des EU-Vertrages zu erinnern. Ein großes Problem sei in diesem Zusammenhang das stark unterschiedliche Demokratieverständnis zwischen den neuen und den alten Mitgliedsstaaten. Denn während in den alten Mitgliedsstaaten mehrheitlich über einen langen Zeitraum relativ stabile politische Verhältnisse herrschen, ist es in den neueren EU-Mitgliedsstaaten, wie z.B. Polen oder Ungarn, nicht der Fall. Dort ändern linke, liberale und rechts orientierte Regierungen recht schnell die Machtverhältnisse. Somit werden auch knappe Mehrheiten häufig dazu genutzt große Änderungen umzusetzen, da man nicht weiß, wie lange die Machtverhältnisse bestehen bleiben.

Aber auch der Brexit war natürlich ein Thema. Hier stand der gebürtige Brite Benjamin Hagard Rede und Antwort. Auf die Frage, was der Brexit für den Haushalt Deutschlands bedeuten würde, antwortete Herr Hegard, dass mit Großbritannien der zweitgrößte Nettozahler nach Deutschland aus der EU aussteigen werde, weshalb demnächst ca. 10 – 15 Mrd. Euro im EU-Haushalt fehlen werden. Und diese müssten natürlich von den verbleibenden Mitgliedsstaaten aufgefangen werden, wobei Deutschland einen Großteil tragen werde. Eine weitere Folge sei mit Sicherheit, dass Einsparungen erfolgen werden. Und hiervor seien vor allem der Landwirtschafts- und der Regionalfond betroffen.

Aber auch an dem künftigen Weg Großbritanniens waren die Schülerinnen und Schüler interessiert. So stellten sie die Frage, ob es bei einem ungeregelten Brexit evtl. auch zu einem Referendum in Schottland und/oder Nordirland kommen werde. Aber hier konnte auch der Brite Benjamin Hegard nur darauf verweisen die kommenden Entwicklungen zu verfolgen. Allerdings sei dies wohl wahrscheinlich.

Als weiteres Thema wurde die Flüchtlingsproblematik angesprochen. Auch hier zeigten die Schülerinnen und Schüler großes Interesse. Schnell wurde klar, dass die EU diesbezüglich nur zum Erfolg kommen kann, wenn es eine einheitliche Vorgehensweise der EU geben wird. Dies erscheint allerdings aufgrund der derzeitigen politischen Situation innerhalb der EU eher als unwahrscheinlich. Und an dieser Stelle war es ein Schüler, der darauf hinwies, dass man sich doch lieber darauf verständigen sollte die Gemeinsamkeiten der Mitgliedsstaaten zu finden und diese herauszustellen, als sich auf das zu konzentrieren, was sie trennt.

Aber auch an der Praktikantin Sandra Vieth waren die Schülerinnen und Schüler interessiert. Sie wollten wissen, wie sie zu ihrem Praktikum gekommen ist und welche weiteren Möglichkeiten es gibt bei der EU zu arbeiten.

Abschließend baten Herr Ott und vor allem Herr Hagard, die Schülerinnen und Schüler, bei der kommenden Parlamentswahl am 26. Mai 2019 wählen zu gehen. Denn sonst könnte es passieren, dass es ihnen am Ende wie den jungen Briten ginge, die am nächsten Tag mit einer Wahlentscheidung leben mussten, die sie so nicht wollten. Insofern sei es an ihnen die Zukunft der EU mitzugestalten.

Text und Fotos: Michael Henne

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Erstellt am: 13. Februar 2019 17:09 Uhr