Schulgeschichte

Im Jahre 1854, dem Geburtsjahr Georg Kerschensteiners, des „Vaters der Berufsschulidee“, kommen nach mehrjährigen Vorbereitungen fünfzig Lehrlinge und Gesellen in einem alten Fachwerkhaus an der Wittener Hauptstraße wöchentlich an zwei Abenden und sonntags morgens zusammen, um sich besser auf die wachsenden beruflichen Aufgaben vorzubereiten. Noch kann sich niemand der Beteiligten vorstellen, was in den folgenden 150 Jahren aus diesen bescheidenen Anfängen wird.

Insgesamt etwa 750 Lehrerinnen und Lehrer, anfangs nur nebenamtliche, unterrichten in den anderthalb Jahrhunderten rund 120.000 Schülerinnen und Schüler. Das sind wesentlich mehr als Witten im Jahre 2004 an Einwohnern zählt. Schätzungsweise 10 Millionen Unterrichtsstunden sind seither erteilt worden. Sechs verschiedene Schulträger treten auf, drei Gemeinden – Alt-Witten, Annen und Stockum-Düren – dazu ein Verein, eine Kammer und schließlich der Kreis. Vor den Eingemeindungen im Jahre 1929 bestehen fünf selbstständige Schulgebilde nebeneinander. Erst 1976 wird unter der Trägerschaft des Kreises das heutige Schulsystem gebildet. Insgesamt sind vierzehn Namen der verschiedenen Einrichtungen überliefert. Ein so häufiger Wechsel der Firma könnte nach Maßstäben des 21. Jahrhunderts als ein Zeichen von Flexibilität und Modernität zu werten sein. In den 150 Jahren haben 26 Schulleiter, bis 1919 nebenamtlich, die Zügel geführt. Zwölf von ihnen sind in der Festschrift in Wort und Bild porträtiert.

Eine Zeitwanderung durch die 150 Jahre führt uns in fast alle Stadtteile, vorbei an insgesamt 26 historisch nachweislich genutzten Gebäuden, von denen allerdings einige heute nicht mehr vorhanden sind. Die Berufsschule ist mehr als ein Jahrhundert auf der Wanderschaft, vor allem nach 1945, bis 1958 das heutige Schulzentrum an der Husemannstraße bezogen werden kann. Die Festschrift des Berufskollegs zeigt 13 dieser Gebäude im Bild. Ein Jubiläumslauf für Schüler und Lehrer entlang dieser Stationen könnte eine sportliche und stadtkundliche Attraktion sein.

In der Entwicklung zum heutigen Berufskolleg sind acht Phasen erkennbar, in denen wesentliche Fortschritte in der Entwicklung des Schulsystems auftreten. Diese Epochen mögen exemplarisch sein für die Berufsbildung in Deutschland insgesamt. Die Chronik schildert:

  • In der Frühphase von 1854 bis 1869:
    Die Handwerker-Fortbildungsschule – noch berufsfern
  • In der Orientierungsphase von 1869 bis 1905:
    Die allgemeine Fortbildungsschule – noch undifferenziert
  • In der Strukturierungsphase von 1905 bis 1922:
    Von der beruflichen Fortbildungsschule zur Berufsschule
  • In der Wachstumsphase von 1922 bis 1945:
    Die Berufsschule baut ihre Position aus
  • In der Erneuerungsphase von 1945 bis 1959:
    Der Wiederaufbau des Berufsschulwesens in Witten
  • In der Konsolidierungsphase von 1959 bis 1969:
    Den äußeren Rahmen füllen …
  • In der Diversifikationsphase von 1969 bis 1992:
    Das Bildungsangebot wird erweitert
  • In der didaktisch-integrativen Phase seit 1992:
    Die Kollegschule und das Berufskolleg



"Schieferhäuschen"
(Hauptstr. 17, Ecke Wideystr.)
von 1854 - 1859 das erste Gebäude der Handwerker-Fortbildungsschule, 1945 ausgebombt



Dr. Karl Zerlang
von 1869 bis 1891 erster Direktor der gewerblichen Fortbildungsschule


Eines der ältesten Schriftstücke aus dem Jahre 1867: "Rüge" des Bürgermeister-Amts an die Handwerker-Fortbildungsschule

"An den Herrn Lehrer Nonnenberg, hier! Es ist darüber Klage geführt, dass die Handwerker-Fortbildungsschule nicht zur vorgesehenen Zeit eröffnet und geschlossen werde, z.B. sei am 5. d. Mts., wo Unterricht habe stattfinden müssen, um 9 1/2 Uhr weder Lehrer noch Schüler anwesend gewesen. Ich ersuche um Aufklärung.
Der Bürgermeister


Eingangsbereich des Berufskollegs bis 2010 von der Husemannstraße